Abgründe sind wichtig im Leben

Ich reg mich ja so wenig auf und hab immer ein bisschen Angst, das öffentlich zu machen, weil man bestimmt immer die Hälfte nicht bedenkt und die andere Hälfte vergessen hat. Samstagmorgens liege ich allerdings im Bett und lese als wohlerzogener (ich zahle dafür), aber junger (digitale Ausgabe) Bildungsbürger die Zeitung (Süddeutsche). Dort hat man Felicitas von Lovenberg interviewt, weil man offenbar vorhat, alle zwei Monate mal mit ihr zu sprechen (zuletzt im November anlässlich des Erscheinens ihres platt-freundlichen Titels Gebrauchsanleitung fürs Lesen).

Sind Sie je Opfer von Sexismus geworden?

Im aktuellsten Interview, das die SZ nun unter anderem anteasert als Gespräch „über Männer und männliche Eigenschaften“, antwortet von Lovenberg auf die Frage, ob sie je Opfer von Sexismus geworden sei.

Darüber habe ich in letzter Zeit durchaus mal nachgedacht, weil man sich mittlerweile ja fast komisch vorkommt, wenn man sagt: Ich bin nie Opfer von Sexismus geworden.

Spötter könnten jetzt sagen, „oh, sie hat mal nachgedacht, über das Thema der letzten Jahre, hat sich mit gesamtgesellschaftlichen Debatten auseinandergesetzt, als Verlegerin eines der größten deutsche Verlage“, bevor man jetzt aber spotten könnte, antwortet FvL:

Aber gravierende Fälle habe ich tatsächlich nicht erlebt.

Das ist, was man allen wünscht. Case closed.

Aber! dann sagt sie, zwei Antworten weiter, auf die Frage, warum sie nicht in den FAZ Herausgeberkreis berufen wurde allen Ernstes, dass irgendein alter Heini („ein mächtiger Mann“) ihr gesagt hat,

Ach wissen Sie, Frau von Lovenberg, ich finde nicht, dass sich ein so nettes Mädchen wie Sie einen solchen Job antun sollte.

Und jetzt, obwohl sie in letzter Zeit über das Thema durchaus mal nachgedacht hat, wahrscheinlich genau während sie das sagt, fällt ihr ein, „Oh! huch! Ist das das, wovon die anderen Furien immer berichten??“, und sie schiebt hinterher:

Und ja, wenn Sie so wollen, dieses eine Mal ist es mir dann eben doch passiert. Heute bin ich froh, der Job wäre nicht das Richtige für mich gewesen.

Also alles gut. Der Job wäre ja wirklich nichts für sie gewesen und lieb von dem alten, mächtigen Mann, dass er sie bewahrt hat.

Vielleicht habe ich nur zu versponnene Vorstellungen davon, was Nachdenken über ein Thema heißt, aber sie sagt mir nichts, dir nichts: „Sexismus? Drüber nachgedacht: Kenn ich nicht.“ Und auf die erste Frage, die eigentlich nichts mehr direkt mit dem Thema zu tun hat, erzählt sie, dass sie unglaublich ekelhaft und herablassend behandelt wurde, weil sie eine Frau ist! Dies könnte ein feines Beispiel für Sexismus an allerhöchster Stelle des deutschen Journalismus sein.

„Ich mache mir schon ein wenig Sorgen, dass die Natürlichkeit im Verhältnis zwischen Männern und Frauen verloren geht.“ (von Lovenberg)

Könnte natürlich sein, dass das ein Zufallstreffer war, aber sie liefert direkt den nächsten Knaller. Es geht immer noch um die FAZ und dass sie als junge Frau mit Marcel Reich-Ranicki gearbeitet hat und wie man mit so einem Mann arbeitet und sie sagt:

[…] wir hatten rasch unseren Modus gefunden. Da war viel Frotzelei dabei, da fielen sicher Sätze, die heute eher nicht mehr gehen, aber ich fand das nie schlimm, eher unterhaltsam und belebend.

Ich nehme an, mit „Frotzeleien“ ist der gute, alte Herrenwitz gemint. Dann geht es allen Ernstes weiter:

Wir saßen einmal bei einer Preisverleihung nebeneinander und lauschten den Ansprachen, als er plötzlich tief aufseufzte und mir seine Hand aufs Knie legte.

Find ich ein bisschen übergriffig. Aber weil sie im Vorfeld schon ein bisschen über das Thema nachgedacht hat und auch eine Kollegin ihr damals sagte, sie hätte dem Herrn einfach eine schmieren sollen, macht sie erstmal nichts Weiteres als das kleinzureden (Frotzeleien, unterhaltsam, belebend [!]) und sagt am Ende noch:

Verstehen Sie mich nicht falsch. Ich bewundere Feministinnen, die jungen und erst recht die älteren, die den Weg geebnet haben. Die sollen ihre Kämpfe kämpfen, das ist eine Qualität, so lange auf den Tisch zu hauen, bis sich was ändert. Ich kann da nur nicht so mitbrüllen. Vielleicht musste ich mich nie wehren, vielleicht habe ich mich in entscheidenden Momenten nicht unterlegen gefühlt, vielleicht bin ich manchen Kämpfen auch aus dem Weg gegangen.

Ach, Bewunderung ist so einfach und gibt es gratis an jeder Ecke. Verstehen Sie mich nicht falsch, liebe Leser*in, ich bin nur ein junger, weißer Mann, aber ist das nicht ein Schlag ins Gesicht für die meisten Frauen? Sagt sie nicht „Naja, sehen sie, ich hab immer artig gelächelt und bin jetzt halt Piper Verlegerin, wahrscheinlich weil ich immer so artig gelächelt habe, wenn mächtige Männer das wollten. Feminismus sollen die anderen machen. Aber was regen die sich eigentlich so auf?“

Wenn man sich ein Beispiel an von Lovenberg nehmen möchte und sich ebenso toll gegen Sexismus wehren will, der Trick ist einfach, man reagiert auf Sexismus:

Mit Humor. Ich war frech, schlagfertig und habe nicht alles persönlich genommen.

Andere Frauen nehmen einfach alles ein bisschen zu persönlich. Es ist das alte „Hab Dich doch nicht so“ – nur dass es hier eben eine Frau sagt. Richtig gemacht kann Sexismus für alle Parteien eher unterhaltsam und belebend sein!

Es gibt keinen Sexismus im deutschen Kulturbetrieb, alle sind nur so fürchterlich empfindlich.

In diesem Zusammenhang ebenso schnurrig – und vielleicht ein Stück weit auch als Erklärung für ihre dicke Haut gegen Sexismus zu deuten – ihre Antwort auf die Frage, ob sie privilegiert aufgewachsen sei (na wegen des „von“). Durchschnaufen, Freunde:

Nicht so sehr in materieller Hinsicht…

Und dann sagt sie endlich Dinge, wie ich sie Samstagmorgens hören will: nicht reich an Geld, aber Reichtum an Kultur und Werten!

NICHT SO SEHR IN MATERIELLER HINSICHT, antwortet sie auf die Frage, die sie auf ihren Besuch eines englischen Internats und Studium in Oxford anspricht. Wann startet denn das Privileg?

Ich bin wirklich sprachlos.

Dazu „Sexismus im Literaturbetrieb – Die subtile Machtausübung der Männer“ von Tanja Dückers.

Kategorien Feuilleton

Tilman berät als Rechtsanwalt Verlage, Autoren und andere Kreative im Urheber- und Medienrecht. Als Blogger hat er sich sowohl im Bereich der Literaturkritik als auch -vermittlung in der Branche einen Namen gemacht. Rechtsanwalt Winterling ist zudem als Jurymitglied (u.a. Hamburger Literaturförderpreise) und Moderator von Lesungen tätig, sowie gefragter Interviewpartner (u.a. Deutschlandfunk, Radio Eins), wenn es darum geht verständlich und unterhaltsam über rechtliche Themen und solche des Bloggens zu berichten.

25 Kommentare zu “Abgründe sind wichtig im Leben

  1. Das macht mich auch sprachlos und leider schäme ich mich auch gleich fremd so als Frau.
    Und schlecht ist mir jetzt auch.

    Der Ansatz, dass Feminismus etwas „Persönliches“ ist, ich mich also nur äußern und wehren soll, wenn ich persönlich betroffen bin (und ansonsten den Mund halten), ist mir noch nie gekommen. Feminismus war für mich immer ein Akt der Solidarität. Egal welches Geschlecht man hat.

  2. Puh, schweres Terrain. Wie Sofasophia empfinde ich Feminismus ebenso als Akt der Solidarität gegenüber Menschen, egal welchen Geschlechts. Tatsache ist aber auch, dass ich wirklich und wahrhaftig auch schon angegriffen wurde, weil ich sagte, dass ich noch kaum eine – und da ist der springende Punkt für mich, an dem man differenzieren muss – direkt körperliche Erfahrung in der Hinsicht machen musste – und jetzt wirds schon schwierig, das richtig zu formulieren, damit es ankommt, wie es soll. Klar, Sexismus besteht nicht nur aus körperlichen Attacken, da muss man gar nicht darüber sprechen. Und klar ist auch, wir brauchen den Feminismus nach wie vor dringend. Und ebenso klar ist, dass Soidarität immer wichtig ist. Und ich bin auch ob dieses Interviews sprachlos, denn so kann nur sprechen, wer in einer privilegierten Situation ist und war. Aber dennoch, empfinde ich es im persönlcihen Umgang als schwieriges Terrain, nach wie vor, da ich keine Trennung zwischen den Geschlechtern aufmachen möchte oder einen Graben vertiefen. Solidarische Grüße, Bri

  3. Ich finde es großartig analysiert und offengelegt. Das ist in meinen Augen genau das Problem, dass es immer noch viel zu viele gibt, die das Problem nicht erkennen bzw es klein reden. Kämpfen sollen doch lieber die anderen.

  4. Ursula Maria Wartmann Schriftstellerin

    klasse kommentar, tilman winterling. genauso isses.

  5. Waltraud

    Es ist bezeichnend, dass hier ein Mann erklärt wie eine Frau richtig zu empfinden habe! Die Fälle, die sie beschreibt, sprechen doch für sich. Dass sie die Fälle nicht wie von Herrn Winterling gewünscht, kommentiert, liegt vermutlich genau an Leuten wie ihm: Sie wissen alles besser, sogar wie eine Frau sich richtig belästigt fühlen soll. In einer solchen Atmosphäre ist es nur nachvollziehbar, dass sie so diplomatisch über die Fälle spricht, die natürlich eine klare männliche Dominanzkultur belegen – wie eben auch der selbstgerechte Kommentar von Herrn Winterling.

  6. Katharina Herrmann

    Der Autor des Textes relativiert seine Position explizit und mehrfach, stellt sich eben nicht über die Autorin, und ich persönlich kann übrigens den per se Ausschließen von Männern aus dem Diskurs über Sexismus wenig abgewinnen. Zudem redet er eben nicht Frau Lovenberg, wie Sie es hier ausgeben, in ihr privates Empfinden rein, sondern er kritisiert ein in der SZ veröffentlichtes Interview, also öffentliche Äußerungen von Frau Lovenberg, bei denen diese wusste, dass sie öffentlich spricht, und bei denen diese dieses öffentliche Sprechen durchaus mitgedacht hat. Es handelt sich hier nicht um eine Privatperson, die unter vier Augen mal ihr Innerstes artikuliert, sondern um ein interview in einer auflagenstarken überregionalen Tageszeitung.

  7. Mustermann

    Mann regt sich auf, weil Frau nicht das sagt, was er hören möchte oder für richtig hält. Muss man auch erst einmal drauf haben. Von der Nummer, jemanden seine Bildung (Oxford) vorzuhalten mal ganz abgesehen.

  8. Katharina Herrmann

    Der Text hält Frau Lovenberg nicht Ihre Bildung vor, das steht schlicht nicht da. Wie Sie sehen können, regen die Äußerungen von Frau Lovenberg durchaus auch mehrere Frauen auf und wenn Sie Männer im Diskurs nicht zulassen wollen, müssten Sie selbst auch schweigen.

  9. Danke für den großartigen Text, der mich neben dem an den Kopf fassen auch zum Lachen gebracht hat. ?

  10. Holz E. von Bald

    Eine Debatte, die vom Debattanten verlangt, mindestens selbst betroffen zu sein, ist keine Debatte mehr. Aber wahrscheinlich ist meine Ansicht nicht relevant, da ich mich als Mann äußere? Dies wäre natürlich – sexistisch

  11. Holz E. von Bald

    Der Autor hat Frau von Lovenberg lediglich vorgehalten, dass sie sich als Privilegierte ihrer Privilegien selbst nicht bewusst ist.

  12. Michael Kratel

    @Mustermann: Einen Artikel lesen und nicht verstehen aber kommentieren … muss man auch erst mal drauf haben.

  13. Heißt das jetzt, dass Sie die Haltung dieser Frau zum Sexismus kritisieren, weil sie das als Frau ja nicht so richtig beurteilen kann, wie Sie es als „junger, weißer Mann“ können?

    Ich kann nur den Kopf schütteln über Ihre Analyse. Vielleicht sollten Sie einsehen, dass es mehr als Schwarz und Weiß gibt. Vielleicht verstehen Sie dann auch, dass eine Frau tatsächlich eine Meinung haben kann, die von der Meinung “junger, weißer Männer“ und Feministen abweicht.

    Oder verstehe ich das richtig, dass jede Meinung falsch/widersinnig ist, die nicht die vom totalen Sexusmus vertritt?

    • Tilman Winterling

      Es geht mir vor allem auch um die Unbedachtheit, mit der diese Äußerungen getätigt werden und zwar von einer Frau an einer Postion, die durchaus Vorbildcharakter für eine ganze Branche hat (einer Branche im Übrigen, in der, obwohl Frauen zahlenmäßig überlegen sind, sehr häufig dann doch eben Männer an den Entscheiderpositionen sitzen). Dem Nachwuchs wird damit suggeriert – gleich, ob das von ihr beabsichtigt ist oder nicht – dies ist ein Weg um ans Ziel zu kommen. Dieser Weg wird ja explizit aufgezeigt – von der FAZ in den Verlag – und genau dieser Weg wird gerade auch durch ihre beiden Beispiele geprägt (der alte Mann, der ihr abrät und der alte Mann, der ihr wohlwollend die Hand aufs Bein legt).

      Es überrascht mich, dass diese Vorbildfunktion und die Reichweite ihrer Äußerungen, offenbar bei den Antworten von ihr nicht bedacht wurden. Dazu nehme ich an (reine Mutmaßung), dass die SZ vorher das Thema benannt hat, über das man sprechen möchte (insbesondere vielleicht, weil man sich erst zwei Moante zuvor schon traf) – dann wären erst recht reflektierte Antworten möglich gewesen.

  14. Sexismus ist also kein Empfinden, sondern eine Tatsache und wer diese Tatsache nicht wahrnimmt ist privilegiert? Das heißt also, man kann gar nicht anderer Meinung sein. Wer anderer Meinung ist, ist als „Priviligiert“ stigmatisiert von jeder Diskussion ausgeschlossen.

    Das nennt man Dogmatisch: „Wir haben die Wahrheit, diese ist beschlossen und wer diese nicht teilt, liegt falsch“.

  15. Katharina Herrmann

    Nicht weniger dogmatisch ist allerdings Ihre Haltung, die Kritik als Verbot auslegt. Frau Lovenberg kann das so sehen. Das kann man dann kritisieren. Sie kann das weiter so sehen. Man kann das weiter für falsch halten. Das kann nebeneinander stehen. Der einzige, der damit ein grundlegendes Problem zu haben scheint und so tut, als könnten Meinungsdifferenzen nicht ausgehalten werden, sind doch, soweit ich das sehe, hier Sie.

  16. Michael Kratel

    @Con2art: Ihr Kommentar scheint mir in seinem Versuch, die Argumentation des Artikels in eigenen Worten wiederzugeben etwas …. wirr. Oder andersrum versucht: Wie kommen sie zu der Aussage, dass jemand der „Tatsachen nicht wahrnimmt privilegiert“ sei? Dass man in diesem Falle (wann eigentlich?) „nicht anderer Meinung“ sein könne? Und dass jemand mit anderer Meinung „von jeder Diskussion ausgeschlossen“ sei? Alles das gibt der Artikel in keiner Weise her. Oder andersrum versucht: Haben sie den Artikel gelesen?

  17. Dieser Drops ist noch nicht gelutscht. Und da ist sehr viel Pfeffer drin. Mich amüsieren die teils wirklich unbedachten Antworten der Piper Verlegerin. Wäre es denn besser gewesen, wenn dieser Artikel hier von einer Frau geschrieben worden wäre? Tilman Winterling eine Meinung in dieser Sache abzusprechen ist doch auch eine Art Sexismus. Außerdem will er Lovenberg doch nicht vorschreiben, wie sie sich zu fühlen hat. Vielleicht ist sie wirklich priviligiert genug und kriegt nicht die Breitseite ab. Catherine Deneuve hat ja auch gemeint, die metoo Debatte sei unnötig aufgeblasen. In ihrer Position war sie den Problemen sicher auch nicht begegnet, die andere Frauen betreffen.

  18. Hier fehlt die Kritik an den bescheuerten Fragen des SZ-Interviewers, der offenbar meint, Chefinnen hätten per se ein Problem: “Haben Sie manchmal Angst um Ihre weiblichen Qualitäten?” Dass Lovenberg überhaupt ernsthaft darauf antwortet…feministische Ideen sind ihr offenbar sehr fremd geblieben, dem Interviewer aber ebenso.

  19. Ich glaube hinter so ziemlich jeder Frau, die sich bei Sexismus oder eben auch sexueller Belästigung entscheidet, doch lieber den Mund zu halten, steht ein Mann, der ihr sagt, sie solle das alles doch mal locker sehen und eine Frau die ihr klar macht, dass sie sich wie alle anderen Frauen vor ihr, die was werden wollen, da eben durchbeißen muss. Wenn sie später aus einer mächtigeren Position heraus frühere Erfahrungen öffentlich macht, werden die gleichen Beiden ihr vorwerfen, damals nicht gleich was gesagt zu haben.

    Apropos Frauen die glauben nie Sexismus erlebt zu haben: Ernsthaft – die haben noch nie im Leben eine sexistische Werbung gesehen? Ach so, die finden es einfach nur witzig, wenn sich Media Markt mit “Männertage” über weibliche Mensbeschwerden lustig macht – nee dann is klar.

    @con2art

    “Sexismus ist also kein Empfinden, sondern eine Tatsache…”

    Jep, dass merkt man schon daran, dass es dafür anders als für bloße Empfindungen eine klare juristische Definition gibt.
    Und Frau von Lovenberg bewertet zumindest einen Vorfall ausdrücklich selbst als Sexismus (“Und ja, wenn Sie so wollen, dieses eine Mal ist es mir dann eben doch passiert..”), hat diesen Sexismus aber nicht als negativ empfunden (sic!), sondern ist letztlich dankbar für ihn (“Heute bin ich froh, der Job wäre nicht das Richtige für mich gewesen.”). Sie beschreibt zudem Erfahrungen, bei denen sie nahelegt, dass diese wohl von anderen als Sexismus bewertet würden, die sie aber als nicht schlimm, teils gar belebend gefunden hat.

    Es geht also nicht darum dass sie etwas nicht wahrnimmt, sondern dass sie es als nicht so schlimm bis sogar positiv wertet. Und das kann man dann durchaus kritisieren (siehe dazu Katharina Herrmann :-))

  20. PS @ Bri
    Zur Sicherheit: Das mit der sexistischen Werbung war nicht gegen Dich gerichtet. (Habe allerdings den Verdacht, dass Du sexuelle Belästigung und Sexismus durcheinander bringst oder zumindest in einen Topf wirfst, aber das nur nebenbei)

  21. Er hält ihr nicht die Bildung vor, sondern ihre Einschätzung, sie sei materiell nicht
    pri­vi­le­giert aufgewachsen. Dieser Bildungsweg ist jedoch teuer, ergo ein Privileg, auch materiell. Dass Sie das nicht wahrnimmt, halte auch ich durchaus für bemerkenswert.
    Dass sie Aussagen, die eindeutig sexistisch sind, als solche nicht wahrnimmt, auch. Wenn ihr aber ein vorgesetzter Mann sagt, sie sei qua Geschlechts nicht geeignet für eine Herausgeberposition, ist das per Definition sexistisch. Ginge es nur um ihr Empfinden, wären Aussagen wie: „Das hat mich persönlich nicht betroffen …, Ich kann mich gut wehren …, Ich hatte nicht das Gefühl, dass mich das ernsthaft einschränkt …“ persönlich und völlig unproblematisch. Aber sie leugnet eingangs, je Opfer sexistischer Situationen geworden zu sein. Da widerspricht sie sich selbst. Halte ich auch für so bemerkenswert, dass man da mal drüber sprechen kann, sogar als Mann.

  22. Wow, das hat mich nun auch sprachlos gemacht.

    Gut, ich habe auch schon in einem Team mit lauter männlichen Kollegen gearbeitet, die anzügliche Witze gemacht haben, da ging es gerne mal unter die Gürtellinie. Darüber konnte ich aber schmunzeln, weil ich es nicht als sexistisch, belästigend oder übergriffig empfunden habe, aber das ist meine persönliche Einstellung und das empfindet bestimmt jede(r) anders.

    Doch gerade bei dieser Jobsache würde mich interessieren, ob sie es wirklich nicht als Sexismus empfunden hat oder was der Grund für solche Aussagen sind.

    Danke für diesen sehr gelungenen Artikel!

  23. Großartige Aktion,kenne ich noch aus meiner leider untergegangenen Heimat,dem besseren,weil sozialistischen Deutschen Staat DDR.
    Mit dem Finger auf Leute zeigen,deren Klassenstandpunkt nicht ausgereift war.Machte Spaß und brachte Pluspunkte in der eigenen Kaderakte
    bei der Partei.
    Hätte nicht gedacht solch saugute Aktionen nochmal miterleben zu dürfen.
    Marx sei Dank häufen sich ja solche Deja vus in letzter Zeit immer öfter.

    • Tilman Winterling

      Nein, DDR-Methoden wären es, wenn man sowas nicht schreiben und Sie das so nicht kommentieren dürften.

Kommentare sind geschlossen.

WordPress Cookie Plugin von Real Cookie Banner