Brite des Jahres und Träger der Goethe Medaille, Direktor eines der bedeutensten Museen der Welt und Gründungsintendant des Humboldtforums, dieser Mann führt Deutschland und das Königreich zusammen. Mit seiner Geschichte der Welt in 100 Objekten hat Neil MacGregor bereits vor einiger Zeit einen Sachbuchbestseller geschrieben und dem Listen-Genre damit auf hohem Niveau wieder Leben eingehaucht. Nun, nach dem sehr englischen Shakespeares ruhelose Welt, setzt er sich in Deutschland – Erinnerungen einer Nation sehr eindrucksvoll mit der Geschichte des Landes seiner neuen Wirkungsstätte auseinander.
Erneut sind es Objekte, anhand derer er seine Untersuchung betreibt: ein Themenwagen des Mainzer Rosenmontagszuges, ein Kanaldeckel, die Ein-Pfenning-Münze, ein Ablassbrief und Trinkkrüge, Schnitzereien, Kirchen und selbstverständlich viel zeitgenössische Malerei – allerdings leider nicht in Listenform. (Die Liste, das gebe ich gerne zu, machte es leichter, Stellen, die nicht dem persönlichen Gusto entsprechen, zu überspringen.)
Spötter würden sagen, dass ein weiteres deutsches Geschichtsbuch nun wirklich nicht nötig sei. Allein in MacGregors Verlag C.H.Beck kann man sich tausendfach mit diesen in unterschiedlicher Schinkendicke eindecken und trotzdem ist dieses etwas besonderes. MacGregor erzählt unterhaltsam ohne zu verflachen, fakten- und kenntnisreich, aber nie langweilig und beweist immer wieder mit der geschickten Auswahl der Anschauungsobjekt seine sichere Hand als Kurator. Besonders empfehlenswert ist dabei die Möglichkeit sich den Text im Hörbuch von Burkhard Klaußner vorlesen zu lassen und nebenher durch die wunderbaren Bilder des großformatigen Bandes zu blättern. Dieses Buch ist ein toller Anreiz, auch für eigentlich weniger Interessierte, sich immer wieder der Geschichte unseres Landes zu nähern.
Übersetzt wurde Deutschland – Erinnerung einer Nation übrigens von Klaus Binder der zuletzt für seine Lukrez Übersetzung für den Preis der Leipziger Buchmesse nominiert war.
Ein Buch das mit mehr als 600 Seiten viel erwarten lässt und doch bei zahlreichen Sachlichkeiten nur unzureichend oder gar nicht informiert.
Der Untertitel „Erinnerungen einer Nation“ gibt vor, dass diese nicht mehr eixistiert, was völlig fehl am Platz ist. Es wird in dem Buch nur zuoft – fast aus-schließlich – auf originale Artefakte bezug genommen, die sich im „British Museum“ befinden. Keine Erwähnung im Bezug auf viele andere Originale die es in Deutschland selbst gibt und keine Erwähnung zu Museen in Deutsch-land, was ich für eine sehr schlechte Recherche des Autors halte.
Bei der Thematisierung des „Schöpfergeistes“, der technischen Präzision und Qualtität von Erfindungen die es seit dem Mittelalter zu Hauf´ aus Deutschland heraus gab und gibt wird nur sehr spärlich berichtet, dass diese in ganz Europa und in modernen Zeiten in der gesamten Welt verwendung haben – vom Bau des weltweit ersten Globus in Nürnberg bis hin zum MP3-Format aus Illmenau.
Keine Erwähnung findet, dass bis zu den 1930er Jahren 40% der Nobelpreis-träger aus Deutschland kamen und dieses Wissen und Können nach dem Krieg von den Allierten in Form einer Okkupation dieser Menschen „abgeschöpft“ wurde.
Zu den vielen bebilderten Gegenständen wird es nur zu oft eine kunstkritisch detaierte Abhandlung, die für ein Buch dieser selbstgestellten Aufgabe der Dar-stellung einer Nation fehl am Platz ist.
Keine Erwähnung zur Eroberung der „Neuen Welt“ zur Wende in die Moderne und einer wahrscheinlichen Verbindung Martin Behaims (Bohemius) zu Christoph Columbus oder aber die Gründung einer deutschen Kolonie „klein Venedig“ im Norden Südamerikas (heute Venezuela) – unterstützt von Fugger und Welser.
Eine territoriale Eroberung seitens Deutschland wird ausschließlich mittels kriegerischer Handlungen aufgezeigt was aus dem Kontext gerissen ist, außer-dem von allen Nationen seit dem Mittelalter praktiziert wurde und somit kein „typisches“ deutsches Handeln war. In der Abhandlung der „deutschen Seele“ im Zusammenhang des Nationalsozialismus kann man aus den Zeilen dieses Buches leider nur wieder entnehmen, dass eine Schuldfrage „von Außen“ sug-geriert wird. Die dritte und vierte Nachkriegsgeneration hat keinen Bezug zu den Geschehnissen im – geschweige denn Schuld am – Nationalsozialismus. Es bezichtigt heutzutage doch auch Niemand französische Landsleute der Schreck-ensherrschaft Napoleons in Europa.
Nur mangelhaft gewürdigt wird in diesem Buch auch die Rolle der „Trümmer-frauen“, die es waren Deutschland nach dem Krieg zum Wiederaufbau anzu-stoßen und zu dem machen konnten was es heute ist (natürlich zusammen mit der Wirtschaftsleistung) – das kann allerdings auch Niemand empfinden oder beurteilen der nicht in Deutschland seine Wurzeln ist.
Fazit: Das Buch hat gute historische Ansätze die in einer gut gewählten Unterteilung thematisch kurzweilig zu lesen ist und mit zahlreichen
Abbildungen gut nachzuvollziehen ist. Nicht ausreichend recherchiert sollte ein Buch dieses Inhalts doch von Jemanden geschrieben sein
der in dem Land um das es sich in einem solchen Buch handelt seine Wurzeln hat und sich geschichtlich und historisch versiert auskennt
(solche Menschen gibt es hier zu genüge)