Da schreibt man ein Buch, das man über alle Jahre hinweg liebt, und dann muss man so was erleben – das ist als würde man seinem Vater ins Bier pissen.
Ernest Hemingway über die Verfilmung von „In einem anderen Land“
Es gibt so unglaublich viele Möglichkeiten der Rezeption eines literarischen Stoffes. Die beliebteste ist sicher die Literaturverfilmung. Man munkelt es gäbe 200 Filme inspiriert von Jules Verne Büchern, angeblich ebenso viele von Sir Arthur Conan Doyles Sherlock Holmes. Ähnliches sagt man von Bram Stokers Dracula (Nosferatu! 1922 oder mit Christopher Lee), mit 160 Versionen, 400 mal wurde Mary Shellys Frankenstein (man bedenke nur die Version von 1994 mit Robert De Niro als Kreatur oder die von 1957 mit Christopher Lee als diese).
Literaturverfilmungen wurden mit Preisen überschüttet:
Ben Hur (1959), Vorlage von Lew Wallace (1880): 11 Oscars
Herr der Ringe (2004), Vorlage J.R.R. Tolkin (1954): 11 Oscars*
Vom Winde verweht (1939), Vorlage Margaret Mitchell (1936): 10 Oscars
Der englische Patient (1996), Vorlage Michael Ondaatje (1992): 9 Oscars
Jenseits von Afrika (1985), Vorlage Karen Blixen (1937): 7 Oscars
Ebenso berühmt und Oscar gekrönt sind:
Im Westen nichts Neues, Erich Maria Remarque, 1929
Rebecca, Daphne Du Maurier, 1940
In 80 Tage um die Welt, 1956
Breakfast at Tiffany’s, 1961
Tom Jones, 1963
Der Pate, 1972
In einer Auflistung dürften natürlich Adaptionen von Don Quijote, Stevensons Schatzinsel oder Tom Sawyer und Huckleberry Finn nicht fehlen. Verfilmungen von Dumas, Defoes Robinson Cursoe oder dem Dauerbrenner Der Seewolf von Jack London. Alles Klassiker! – Nicht nur der Literatur, sondern auch des Films.

Diese Stoffe sind schon immer ein Steinbruch für Filmemacher . Die erste Adaption von Robert Louis Stevenson Der seltsame Fall des Dr. Jekyll und Mr. Hyde datiert Wikipedia auf 1908, die letzte ist hundert Jahre später entstanden. Dazu kommt eine populäre Musical Version (mit David Hasselhoff!). Die Möglichkeiten sich solche Stoffe in verkürzter, leichterer Version zu Gemüte zu führen sind vielfältig, selbst die letzten Tage Jesu kann man sich gemütlich vorsingen lassen.
Ersetzt diese Möglichkeit den Genuss des Originals? Natürlich nicht! Aber, das gebe ich unumwunden und öffentlich zu, gibt es Bücher, auf die ich in ihrer Originalfassung nicht viel Lust verspüre. Andererseits gibt es durch die vielen Ver- und Bearbeitungen immer wieder neue Wege sich einem vertrauten und gemochten Stoff zu nähern. Die Genialität von Gründgens‘ Faust Inzenierung und (vor allem) seiner Darstellung des Mephisto wird einem doch immer wieder bewusst, verleibt man sich die Aufzeichnungen erneut ein. Wie angenehm, wenn man hierzu die Version aus dem Hamburger Schauspielhaus, mit Will Quadflieg als Faust, auf DVD und die Düsseldorfer Inszenierung, mit Paul Hartmann, auf CD zur Hand hat. Wer Zeit hat, kann sich auch die 22 Stunden ungekürzten Faust I & II in der Expo Inszenierung von Peter Stein mit dem grandiosen Ifflandring-Träger Bruno Ganz als den alten H.F. gönnen.
Streunt man durchs Internet findet man bei YouTube und Konsorten vielerlei Möglichkeiten sich an Adaptionen zu delektieren. Dieses Thema ist hier natürlich nur angerissen, soll vielmehr
Wie haltet ihr es mit Bearbeitungen? Ist das Original sankrosankt oder gibt es gar Adaptionen, die das Original überflügeln?
*Natürlich dabei: Christopher Lee als Saruman
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In der Übersetzung von einem ins andere Medium gibt es stets Verluste, oftmals sind die Filme aber auch ein Gewinn. Die Übersetzung vom Film in das Medium des Buches kann übrigens auch böse schiefgehen, vgl. hierzu Nancy H. Kleinbaums Buch zum Film „Der Club der toten Dichter“. Da ist dem Film nichts hinzugefügt, lediglich der Charme genommen. Sklavische Nachahmung ist das eigentliche Problem, nicht Abweichung, Hinzufügung oder Kürzung.
Ben Hur und Herr der Ringe finde ich als Film besser. Überhaupt eignen sich historische Romane oder Science Fiktion besonders gut. Manche Schriftsteller eignen sich überhaupt nicht. Charles Bukowski zu verfilmen war stets ein Fehler. Und dann spielt es natürlich eine Rolle, wer macht den Film? „Der alte Mann und das Meer“ mit Spencer Tracy finde ich nicht schlechter als das Buch. John Fante kann ich mir als Film auch nicht vorstellen. Eine allgemeine Formel wird es wohl nicht geben. Der Einzelfall entscheidet.
Die Frage der Verfilmung erinnert mich an die der Übersetzung. Muss/sollte man ein Buch im Original lesen, soweit man kann? Ich lese manchmal auf Englisch und manchmal die deutschen Übersetzungen (oder auch mal die englische Übersetzung eines deutschen Werks, wenn ich im Ausland nicht ans deutsche Original komme).
Meiner Meinung nach verliert ein Buch durch die Übersetzung (als die ich die Verfilmung jetzt auch ansehe) nicht unbedingt, sondern gewinnt manchmal sogar hinzu. Oder wird einfach anders, weder unbedingt besser oder schlechter.
Oooh, spannende Frage. Filme können: Momente festhalten. So viel in ein einziges Bild packen! Beispiele gibt’s zuhauf (Hobbit, Troja, Schnee der auf Zedern fällt wo das Buch schwach und der Film wirklich besser war eben wegen so vielen Momentaufnahmen). Bücher dagegen bieten Innenleben, das kriegt kein Film hin. Hmm. Am besten abwechseln zwischen beidem. Die meiner Meinung nach beste Literaturverfilmung ever ist „Sense and Sensibility“ von Ang Lee.