Kategorie: Rezensionen

Befruchte mich!

Eine gewisse geistige Wendigkeit traue ich mir eigentlich zu und doch blieben und bleiben mir doch viele Dinge verschlossen, weil ich mich nicht darauf eingelassen habe/einlasse. Tobi von texteundbilder, mein Kollege bei Buchguerilla, ermuntert mich nun schon seit wir uns letztes Jahr kennengelernt haben doch endlich eine “Graphic Novel” zu lesen, nein gestritten haben wir uns bereits, weil ich den “Comic” nicht als literarische Gattung anerkennen wollte und immer wieder treibt er mich an mir doch endlich ein solches (ich ziehe während des Schreibens den Kopf ein) “Heftchen” zu lesen. Zu allem Überfluss ist jetzt auch noch mein kleiner Bruder infiziert und stößt in dasselbe Horn. Vorwürfe habe ich genug gehört und will auch nicht ignorant sein, meine Aufgeschlossenheit unter Beweis stellen, Tobi und Moritz vielleicht auch ein bisschen einen Gefallen tun und möglicherweise am Ende sagen: Nein Freunde, das ist keine Literatur, das sind Bildchen – mit Buff-Bäm-Peng-Quetsch-Sprechblasen. Weiterlesen

Die Kartause von Parma

Anscheinend brauche ich nach den Werken, die als Neuübersetzungen im Hanser Verlag erschienen sind, immer erst etwas Abstand bis ich mich dazu äußern kann. So ging es mir bei „Anna Karenina“, aber auch bei den, hier nicht rezensierten, Werken „Oblomow“ und „Krieg und Frieden“ brauchte ich, auch auf Grund der Oppulenz, Zeit bis sich die Leseeindrücke setzen konnten.

Nun der erste Nichtrusse, dessen Werk aus dieser Reihe durch meine Hände ging. Jedoch nicht Stendhals, eigentlich Marie-Henri Beyle, berühmtes „Rot und Schwarz“, sondern seine „Kartause von Parma“ , die der bekennende italoaffine Franzose in seinem Lieblingsland ansetzt. Nice to know: eine Kartause ist ein Kloster des Ordens der Kartäuser (ich dachte erst es handele sich um einen italienischen Adelstitel o.ä.). Aber doch lieber zum Inhalt: Weiterlesen

Der kleine Wagnerianer

Es ist Wagner-Jahr, denn 200 würde der Mann dieses Jahr, der wie kein anderer gehasst oder vergöttert wird. Kein Wunder also, dass nicht nur die Denkmäler poliert, sondern auch alte Ressentiments aus der Schublade geholt werden. Ein solches Jubiläum eines Superstars der E-Musik wird in kulturscheuen Zeiten entsprechend vermarktet und vielleicht so auch der ein oder andere Fan gewonnen. Nach der Lektüre des (empfehlenswerten) ZEIT Geschichte Heftes zu Wagner und dem Genuss der vierteiligen 3sat Doku versuche ich mich nun also an “Der kleine Wagnerianer” von Enrik Lauer und Regine Müller aus dem C.H.Beck Verlag. Weiterlesen

Doppelrezension: Das flüchtige Paradies und Pazifik Exil

das-fluechtige-paradiesNach der Machtergreifung Hitlers  ’33 begann das intellektuelle Deutschland auszubluten. Nicht nur die jüdischen Dichter und Denker, sondern die meisten Schöngeister, deren Kunst nicht nazikonform war, die etwas auf sich und ihre Werte hielten, kehrten Deutschland den Rücken. Viele flohen vorerst nur nach Frankreich oder in die Schweiz, denn Deutschland sollte nicht allzuweit in die Ferne rücken, falls Hitler doch nur eine politisch radikale Modeerscheinung bleiben sollte, könnte man alsbald in seine eigentliche Heimat zurückkehren. Erste Anlaufstelle wurde ein kleines Fischerdorf an der Côte d’Azur: Sanary-sur-Mer. Sie wurde die „Hauptstadt der deutschen Literatur im Exil“. Weiterlesen

Der König ist tot, es lebe der König!

51-2hAIgCWL._SL500_AA300_Mit ungebrochener Kontinuität bringt Jimi Hendrix auch über 40 Jahre nach seinem Ableben noch neue CDs heraus. Neu aufgelegte Alben, zig Best of-Zusammenstellungen, das „fertige nächste“ Album „First Rays of the New Rising Sun“, remasterte Live Mitschnitte und immer wieder auch „bisher unveröffentlichte Songs“. Was als Leichenfledderei und als Versuch der Geldschneiderei irgendwelcher Nachkommen und Rechteinhaber abgetan werden kann, kann für Liebhaber durchaus neue Kleinigkeiten zu Tage fördern und manchmal vielleicht auch neue Fans generieren. Und jetzt kommt „People, Hell and Angels“! Weiterlesen

Schneckenmühle von Jochen Schmidt

Zugegebenermaßen war mir Jochen Schmidt kein Begriff, aber es gibt Verlage, denen ich vertraue, von denen ich mich belehren lasse und gerne lerne. Der C.H.Beck Verlag feiert dieses Jahr nicht nur 250 Jahre seines Bestehens, sondern ist völlig zu Recht einer der deutschen Vorzeigeverlage und das nicht nur im Belletristik-Betrieb – im Gegenteil sind bei mir bisher vielmehr ihrer Sachbücher durch die Hände gegangen. Nun also das Werk dieses (mir) Unbekannten: Weiterlesen

Erich mit beiden Händen in der Wäsche

clapton-306-1359473322Die drei prägendsten Gitarristen der Rockmusik? Hendrix, Page und Clapton!
Letzterer geht wieder einmal auf Tour, die Tickets für seine Gastspiele in Hamburg und Köln habe ich mir bereits gesichert, nun auch das zu „betourende“ Album: Old Sock. Ähnlich rätselhaft wie der Titel ist auch das Cover des Albums, das vielmehr an den Schnappschuss des 15-jährigen Jungen im Urlaub erinnert, als an die Verpackung eines ernstzunehmenden Tonträgers, fehlt nur noch die Grimasse oder die gespielte Coolness. Aber der Inhalt zählt ja..

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Florian Illies‘ 1913

Es ist schon etwas her, dass ich das neuste Buch von Florian Illies gelesen habe und trotzdem bin ich noch nicht zu der Rezension von “1913” gekommen. Nicht unbedingt, weil das Buch mir nicht gefallen hätte – im Gegenteil, habe ich es doch innerhalb von zwei Tagen gelesen – sondern vielmehr, weil ich nicht genau weiß was ich darüber schreiben soll. Wer Illies kennt, nicht nur aus seinen Büchern, sondern auch aus seinen Beiträgen im Feuilleton der großen deutschen Tageszeitungen, weiß wie gefällig er schreibt. Dazu handelt es sich bei Florian I. um einen Autor, der eine erstaunliche Bandbreite abzudecken weiß: sein gefeiertes “Generation Golf”, sein launiges “Ortsgespräch”, die herrliche Charakterisierung seines Heimatdorfes Schlitz (bei mir zu Hause, direkt um die Ecke) oder eben jene Artikel zu gesellschaftlichen, kulturellen und zeitpolitischen Themen. Weiterlesen

Lügen in Zeiten des Krieges

Das Werk eines Spätberufenen. Louis Begley ist zwar Jahrgang ‘33, aber erst ‘91 mit 58 Jahren veröffentlichte er seinen Erstling “Lügen in Zeiten des Krieges”. Der nach dem 2. Weltkrieg in die USA emigrierte Pole studierte dort in Harvard Jura und ist auch heute noch als Jurist tätig. (Sein Buch “Schmidt” wurde als “About Schmidt” sehr anrührend mit Jack Nicholson verfilmt.)

10840053nLügen in Zeiten des Krieges ist nicht nur Begleys Erstling, sondern auch autobiographisch. Er schildert seine Kindheit in Polen durch sein alter ego Maciek, der, anders als Begley, als Halbweise mitten im Zweiten Weltkrieg aufwächst; seine Mutter früh verstorben, sein Vater, wie Begleys, als Arzt von den Russen zum Kriegsdienst eingezogen, lebt der junge Maciek inmitten seiner begüterten Familie, bestehend aus den Großeltern und seiner Tante, mit Hausangestellten und Kindermädchen im großbürgerlichen Refugium. Weiterlesen

Versuchung und Versagen: Zwei Mal Dostojewskis “Spieler”

Gerne poste ich im Folgenden eine Rezension meines Freundes und Blogger-Kollegens Tobi von “Texte und Bilder”, nicht nur, weil er auch die passende Graphic Novel rezensiert, sondern weil seine Rezension einfach gut ist:

Im Sommer 2006 habe ich in New York City ein Praktikum bei einem Strafverteidiger gemacht, der sich unter anderem auf Mord und Totschlag spezialisiert hat. Gleichzeitig habe ich die letzten Kapitel von Fjodor Dostojewskis “Schuld und Sühne” gelesen. Diese Kombination hatte es in sich. Manche der realen Fälle erinnerten mich an die Hauptfigur aus Dostojewskis großem Roman. Seitdem gehört der russische Weltliterat zu meinem engsten Favoritenkreis.

Vor einigen Wochen beschlossen einige Freunde und ich, gemeinsam Dostojewskis “Der Spieler” zu lesen. Gesagt getan: Die kürzere, in nur 26 Tagen von Dostojewski an eine Stenographin herunterdiktierte Erzählung war schnell gelesen, um nicht zu sagen verschlungen. Als ich dann auf Twitter vom Splitter Verlag erfuhr, dass es von diesem Werk eine Adaption als Graphic Novel gibt, war mein Interesse aufs Neue geweckt. Doch eins nach dem anderen. Weiterlesen